Tischreden wie bei Luthers

Bergpredigt zwischen den Gängen

Evangelische Kirche Pfalz / lk / viewEbernburger Tischgespräche mit Irmgard SchwaetzerEbernburger Tischgespräche mit Irmgard Schwaetzer

In der Familie Luther gehörte es einst zum guten Ton, bei gutem Essen und reichlich Trinken eine zünftige Debatte vom Zaun zu brechen. Diese Tradition der Tischreden haben die Evangelische Kirche der Pfalz und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau nun mit dem Land Rheinland-Pfalz auf der Ebernburg neu aufleben lassen.

Sie gelten als legendär, die Tischreden im Hause Martin Luthers. Studierende, Intellektuelle, Prominente - und zugegeben auch weniger Prominente - saßen oft bei ihm und debattierten bei gutem Essen und reichlich Getränken über Gott und die Welt. Luthers eigene, meist von Gästen aufgezeichneten Reden, geben gleichzeitig unmittelbare Einblicke in die Gedanken des Reformators und die Themen seiner Zeit. Diese Tradition der Tischreden haben die evangelische Kirche der Pfalz und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau nun mit dem Land Rheinland-Pfalz neu aufleben lassen.

Bedeutung Luthers für heute nachgehen

Eingeladen hatten sie am 24. September 2014 erstmals zu den abendlichen  "Ebernburgerer Tischgesprächen". Ihr Ziel ist es, gut drei Jahre vor den Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation, der Bedeutung reformatorischer Themen für die heutige Zeit nachzugehen. Zu Gast waren unter anderem die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, der Kirchenpräsident der Pfalz Christian Schad, sowie der Präses der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Ulrich Oelschläger.

Hauptvortrag von Irmgard Schwaetzer

In ihrem Hauptvortrag würdigte Irmgard Schwaetzer die „fördernde Neutralität“ im Verhältnis des Staates zur Kirche. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes hätten auch hier klug gehandelt. Schwaetzer erklärte weiter, die Kirchen wiederum müssten gegenüber Staat und Gesellschaft selbstbewusst auftreten. Sie dürften nicht zulassen, im öffentlichen Diskurs marginalisiert zu werden, so die EKD-Präses.

Reformation bereitete Demokratie vor

Die Erkenntnisse der Reformationszeit seien der Nährboden der demokratischen Gesellschaft, sagte Schwaetzer. Erst durch die Reformation hätten sich Toleranz und Bürgerbeteiligung langsam entwickeln können. Der Staat dürfe nicht verkennen, dass all diese Errungenschaften auch auf den Schultern der Kirche ruhten. Staat und Kirche seien aufeinander bezogen, gehörten aber einer je eigenen Sphäre an, erklärte Schwaetzer unter Berufung auf die Barmer Theologische Erklärung von 1934, in der sich die Bekennende Kirche gegen die Gleichsetzung von Kirche und Staat aussprach.

Pfarrer dürfen politisch sein

Auch Pfarrern sei es erlaubt, ein politisches Mandat zu übernehmen, insofern sie ihre weltlichen und ihre geistlichen Aufgaben nicht vermischten. Jede Predigt sei ein Beitrag zum öffentlichen Diskurs. Auch viele Politiker ließen sich gerade in schwierigen Fragen wie beispielsweise dem Militäreinsatz im Irak von ihrem religiösen Gewissen leiten. Sie selbst habe sich in ihrem politischen Handeln stets an der Bergpredigt orientiert, wohl wissend, dass sie diesem hohen Maßstab niemals völlig gerecht werden könne, betonte die ehemalige Bundestagsabgeordnete und Ministerin.

Menschen erwarten engagierte Kirche

Laut der Synodenpräses erwarten 50 Prozent der Gesellschaft kirchliche Stellungnahmen zu aktuellen Themen. Über Erklärungen hinaus komme das Engagement der Kirche beispielsweise in der Flüchtlingsarbeit. Es sei Aufgabe der Kirche, Politikern immer wieder den Spiegel der neutestamentlichen Ethik vorzuhalten. Dabei betonte die ehemalige Abgeordnete, dass, wie immer man sich in der  Politik bei Fragen wie Bundeswehreinsätze oder Präimplantationsdiagnostik entscheide, vor Gott schuldig mache.  

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