Arbeitsrechtliche Kommission will Ausbildung attraktiver machen und übertrifft vergleichbare Tarifwerke

25 bis 95 Prozent mehr Geld für Auszubildende in Kirche und Diakonie

Darmstadt, 23. Juni 2010. Ausbildungsverhältnisse in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und im Diakonischen Werk in Hessen und Nassau (DWHN) sollen künftig deutlich besser vergütet werden.

Darauf einigte sich die Arbeitsrechtliche Kommission in Hessen und Nassau (ARK) am Mittwoch in Darmstadt. Die beschlossenen Erhöhungen reichen von 25 Prozent für Auszubildende im gewerblichen Bereich bis zu 95 Prozent für Auszubildende im kaufmännischen Bereich. Die Beschlüsse sollen sowohl für neue als auch für bereits bestehende Ausbildungsverhältnisse gelten und am 1. August 2010 in Kraft treten, sofern dagegen kein Widerspruch eingelegt wird. Dies könnten die entsendenden Stellen im Verlauf eines Monats tun, das sind auf Dienstgeberseite die Kirchenleitung und der Vorstand des DWHN sowie auf Dienstnehmerseite die Gewerkschaft VERDI und der Verband Kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (VKM).

Auszubildende in Alten- und Krankenpflege erhalten 115 Euro mehr

Bislang erhalten Auszubildende seit dem 01.04.2010 generell 446 Euro im Monat. Die neu gefasste Ausbildungs- und Praktikantenordnung differenziert genauer. Auszubildende im Bereich der Alten- und Krankenpflege erhalten jetzt pro Monat im ersten Jahr 680 Euro und 830 Euro im dritten Jahr. Auszubildende im gewerblichen Bereich bekommen 450 Euro im ersten und 590 Euro im dritten Jahr. Im kaufmännischen Bereich steigen die Bezüge auf 550 und 650 Euro. Auszubildende im Verwaltungsbereich erhalten im ersten Jahr 700 und im dritten Jahr 800 Euro. Jahrespraktikant/innen in Kindertagesstätten erhielten im vergangenen Jahr noch 1.202 Euro. Sie bekommen nun 1350 Euro pro Monat. Anerkennungspraktika nach einem Studium an einer Fachhochschule werden künftig mit 1500 Euro montatlich vergütet. Wie bisher können die Anstellungsträger weiterhin Erhöhungen vorsehen, wenn die Marktlage dies erforderlich macht.

Von den Erhöhungen profitieren einige Hundert Auzubildende sowie circa 1000 Praktikantinnen und Praktikanten in Kirche und Diakonie in Hessen und Nassau.

Deutlich höher als in vergleichbare Tarifwerke

Der stellvertretende Vorsitzende der ARK Oberkirchenrat Thomas Erler begründete die kräftige Erhöhung so: „Wir wollen insbesondere jungen Leuten zeigen und auch für die Zukunft sicherstellen, dass Kirche und Diakonie interessante Ausbildungen und Arbeitsplätze bieten.“ Erler wies zudem darauf hin, dass fast alle neuen Vergütungen deutlich über dem Niveau vergleichbarer Tarifwerke wie etwa dem TVÖD lägen.

Francis Schmitt, der Vorsitzende des VKM, der die Dienstnehmerseite in der ARK vertritt, äußerte sich zufrieden über den Beschluss: „Alle Entgelte sind deutlich nach oben gegangen. Damit greifen wir auf, was in der Politik immer wieder gefordert wird: Wir machen die Bildung stärker und wir motivieren junge Leute zu guten Ausbildungen in Kirche und Diakonie.“

Den Vorsitz in der ARK hat derzeit eine der sieben Vertreter/Innen der Gewerkschaft VERDI inne. Diese haben ihre aktive Mitarbeit jedoch bereits vor vielen Monaten eingestellt und machen nur noch von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch.

Die Arbeitsrechtliche Kommission - auch ohne Verdi arbeitsfähig

Die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK) regelt selbstständig Fragen der Entgelte für die Angestellten in der EKHN und den diakonischen Einrichtungen, die im DWHN zusammen geschlossen sind. In ihr sind Dienstgeber und Dienstnehmer jeweils mit zehn Personen paritätisch vertreten. Von den zehn Stimmen auf Dienstnehmerseite vertritt der Verband Kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (VKM) drei. Die anderen sieben Stimmen entfallen auf die Gewerkschaft VERDI, die aber seit vielen Monaten an den Sitzungen nicht mehr teilnimmt. Durch die Abwesenheit von mehr als fünf Mitgiedern ist laut Satzung nur jede dritte Sitzung beschlussfähig. Die ARK bleibt auf dieser Basis weiterhin handlungsfähig.

Dienstgemeinschaft: Der Dritte Weg der Kirchen

Aufgrund des vom Grundgesetz geregelten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen ordnen diese ihre Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze selbst. Ihr sogenannter „Dritten Weg“ unterscheidet sich vom ersten Weg (einseitige Arbeitgeberbedingungen) und vom zweiten Weg (Tarifverträge nach staatlichem Recht) dadurch, dass die Kirche und Diakonie nicht von einem Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgehen sondern von dem christlich geprägten Gedanken einer Dienstgemeinschaft aller Beschäftigten.

Verantwortlich: gez. Pfarrer Stephan Krebs, Pressesprecher

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