Olympische Winterspiele 2014

Sport zwischen Politik und Medienzirkus

Sotschi 2014Der Bolschoi-EispalastDer Bolschoi-Eispalast ist Austragungsort der Eishockeywettbewerbe bei den Olympischen Winterspielen 2014.

Schon im Vorfeld der Olympischen Spiele ging es in den Medien immer wieder um die Menschenrechte in Russland. Doch wie politisch darf Sport eigentlich sein? Rolf Noormann, Vorsitzender des Arbeitskreises Kirche und Sport in der EKHN, nimmt den Spitzensport kritisch unter die Lupe.

Esther StoschPfarrer Ralf Noormann ist Vorsitzender des Arbeitskreis Kircheund Sport in der EKHN.Pfarrer Ralf Noormann ist Vorsitzender des Arbeitskreis Kircheund Sport in der EKHN.

Kurz vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi hat Felix Neureuther Kritik an den Kosten und der gewaltigen Dimension der russischen Winterspiele geübt. Aber als Sportler habe er nur die Möglichkeit, „Menschen, denen es nicht so gut geht, für eine kurze Zeit eine Freude zu bereiten“, sagte er der Bild-Zeitung. Er habe den Eindruck, dass nur noch der Kommerz im Mittelpunkt stehe. 

Diesem Eindruck schließt sich Rolf Noormann, Vorsitzender des Arbeitskreises Kirche und Sport in der EKHN, an: „Mittlerweile ist Olympia ein Riesen-Geschäft geworden. Es geht mehr um den Kommerz und den Medien-Rummel als um den Sport.“ Eine Entwicklung, die sich vom ursprünglichen Gedanken der olympischen Spiele entferne. „Olympia ist nur noch Unterhaltung und Ablenkung und hat nur noch wenig mit Bildung und Erziehung zu tun“, sagt Noormann. „Dessen müssen wir uns bewusst sein, wenn wir den Fernseher einschalten.“ Er sieht die Olympischen Spiele nur noch als Großevent, „das uns unterhalten soll.“ 

Kluft zwischen Breiten- und Spitzensport

Noormann arbeitet regelmäßig mit Sportlern zusammen und sieht eine große Kluft zwischen Breiten- und Spitzensport. „In 80 Prozent der Vereine im Breitensport geht es nicht nur ums Siegen, sondern auch um Fair Play, eine gute Leistung und das gemeinsame Erleben“, sagt der Experte. Es gehe um den Ausdruck von Bewegung, Wahrnehmung und Gesundheit des eigenen Körpers sowie den Wettkampf. 

Im Spitzensport habe sich das gewandelt: „Ohne finanziellen Background können nur wenige an der obersten Spitze bestehen und davon leben“, sagt er. Großereignisse wie Olympia sind für Noormann ein Spiegelbild der Gesellschaft: „Es geht darum, schneller und besser zu werden. Im Spitzensport ist die Wachstumsidee nur auf die Spitze getrieben“, sagt der Experte. Dabei weist Noormann darauf hin, dass es durchaus Hochleistungssportler gibt, die jenseits des Rampenlichts erfolgreich sind, ohne dass die Medien darüber berichten. 

Boykott nur gemeinsam mit Wirtschaft und Politik

Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, weist Kritik an den Kosten rund um den Austragungsort zurück. Er spricht in der Süddeutschen Zeitung davon, dass Sotschi von einer „altmodischen Sommerfrische in einen modernen Winter- und Kongressort“ umgebaut wurde. Noormann übt dagegen Kritik am Austragungsort: „Bisher war es bei den Olympischen Spielen immer so gewesen, dass die Investitionen in den Olympia-Standort auch den Menschen vor Ort gedient haben.“ Die rund 50 Milliarden Euro, die in das russische Großprojekt investiert wurden, werden aber wohl kaum „nachhaltig für die Bevölkerung vor Ort sein“, mutmaßt Noormann. 

In der Diskussion um Menschenrechtsverletzungen, Meinungsfreiheit und Umweltschäden in Russland, ging es immer wieder um die Frage, ob die Sportler die Olympischen Spiele boykottieren sollen. Doch diese Verantwortung sei für die Sportler zu viel, warnt der Experte. „Ein Boykott kann nur was bringen, wenn Sport, Wirtschaft und Politik gemeinsam an einem Strang ziehen würden. Daher kann ich den Zwiespalt vieler Athleten verstehen.“ Daher achtet Noormann die Kritik von Skirennfahrer Neureuther im Vorfeld der Olympischen Spiele.

„Sport ist immer politisch“

„Er hat sich nicht instrumentalisieren lassen“, sagt der Experte. Aber Sport sei schon immer politisch gewesen. So gehe es nicht nur für das Austragungsland um Prestige, sondern auch für die eigene Nation. Aber der Sport könne nie die Macht ausüben, wie es die Wirtschaft könne.

„Ich habe den größten Respekt vor den Sportlern, die es geschafft haben, zu den Olympischen Spielen zu fahren“, sagt Noormann. Vielen gehe es nicht allein ums Siegen, sondern auch um die eigene Leistung in solch einem Wettkampf und die besondere Atmosphäre bei Olympia. Er wird die Winterspiele am Fernseher verfolgen und gönnt dabei gerne den Außenseitern den Sieg.

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