Ökumene

Ministrant engagiert sich in evangelischer Gemeinde

HofertDer Kleine mit Brille ist Tom Lorenzo, der Große ist Jan Francesco, mit Mutter Claudia und Vater Michael.
Foto: privatDer Kleine mit Brille ist Tom Lorenzo, der Große ist Jan Francesco, mit Mutter Claudia und Vater Michael.
Foto: privat

Ökumene klappt bei der Basis, in den Gemeinden, oft sehr viel besser als auf Leitungsebene. Bestes Beispiel dafür ist die Familie Hofert aus Weiterstadt. Sie ist halb katholisch, halb evangelisch, die Familienmitglieder engagieren sich überkreuz.

Von Andrea Seeger (Evangelische Sonntags-Zeitung)

Jan Hofert ist ein ungewöhnlicher Mensch – zumindest von ökumenischer Seite aus betrachtet. Im vergangenen Jahr hat der 15-Jährige seine Konfirmation gefeiert, seither engagiert er sich als Teamer in seiner Gemeinde in Weiterstadt. So weit, so gut. Aber er ist auch Ministrant der katholischen Nachbargemeinde St. Johannes der Täufer. „In der Familie sind wir geteilt. Papa und ich sind evangelisch, Mama und Tom katholisch“, erklärt Jan Francesco. Sein zweiter Name erklärt sich mit der italienischen Herkunft seiner Mutter Claudia. Bruder Tom heißt mit zweitem Namen Lorenzo und ist 13 Jahre alt.

Mit zehn Jahren konvertiert

Er ist vom evangelischen Glauben zum katholischen konvertiert, da war er zehn Jahre alt. „Wir haben öfter auch mal den katholischen Gottesdienst besucht“, erklärt Vater Michael Hofert. „Da gibt es Pfadfindergruppen, die gefielen Tom ausgesprochen gut.“ Auch die Dinge, die dort im Gottesdienst passieren, hätten seinen jüngeren Sohn sehr angesprochen, alles, was um den Altar herum geschehe. Es habe nicht lange gedauert, bis er seine Eltern gefragt habe, ob er zur anderen Religion wechseln könne.

Protestantischer Hausmeister bei der katholischen Kirche

„Wir haben ihm auferlegt, sich vorher mit dem evangelischen Pfarrer Raphael Eckert-Heckelmann zu treffen sowie mit dessen katholischen Kollegen Winfried Klein. Der Sohn tat wie ihm geheißen. Der Ablauf der Gespräche kann hier nicht Gegenstand der Berichterstattung sein – das unterliegt der Schweigepflicht. Das Ergebnis jedenfalls war der Übertritt Toms in die katholische Gemeinde. Ein Jahr später ist er zur Kommunion gegangen“, lächelt der Vater. Er lächelt, weil sein Arbeitgeber die katholische Kirche ist. Der Protestant ist dort als Hausmeister beschäftigt.

Zwei Gottesdienste an einem Sonntag

Bevor der ältere Sohn Jan konformiert wurde, gab es auch bei ihm Überschneidungen. „Ist es eigentlich genauso gut, wenn ich in den katholischen Gottesdienst gehe“, fragte Jan eines Tages . Warum nicht, dachten die Eltern. Nun muss jeder Konfirmand eine gewisse Anzahl von Gottesdienstbesuchen vorweisen. Um 10 Uhr beginnen die Protestanten, um 11 Uhr die Katholiken. „Wenn der evangelische Pfarrer sich beeilt, können wir Mama und Tom noch in der katholischen Kirche besuchen“, erklärt Jan. Er hätte also jeden Sonntag zwei Stempel für einen Gottesdienstbesuch bekommen können.

Evangelischer Teamer und Ministrant in einer Person

„Bei Jan haben die Katholiken aber auch immer abgestempelt, denn es gibt bei ihnen auch eine Liste für die Ministranten“, sagt der Vater. Immer, wenn Jan in der Kirche St. Johannes der Täufer den Gottesdienst besuchte, schaute er seinem Bruder zu beim Altar-, Körbchen- oder Leuchterdienst. „Kann ich das auch mal machen“, fragte er den Pastoralreferent, zu der Zeit war das Markus Stutzenberger.
Der führte ihn in der Kirche herum, zeigte ihm alles. Das schien dem Jungen gefallen zu haben, denn er wurde offizieller Ministrant. Jan Hofert ist also nun konfirmierter Teamer der evangelischen Gemeinde Weiterstadt und zugleich Ministrant der katholischen Gemeinde. „Ich habe Spaß in beiden Kirchengemeinden“, sagt Jan.

Jungs evangelisch taufen und Mädchen katholisch

Die Hofers sind gelebte Ökumene durch und durch. „In Weiterstadt ist die Ökumene stark ausgeprägt“, sagt Vater Hofert. Katholiken und Protestanten feierten auch ihre Gemeindefeste zusammen, auch beim Taizé-Gottesdienst kämen alle zusammen, die Orte immer abwechselnd.
Stephan Krebs, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, hat damit kein Problem. Er kenne eine Familie, in der der Vater ebenfalls evangelisch sei, die Mutter katholisch. „Das Ehepaar hat schon vor der Geburt des ersten Kindes ausgemacht, dass der männliche Nachwuchs evangelisch getauft wird, der weibliche katholisch, ganz genderbezogen“. Das findet er praktisch. „Dann muss man nicht bei jedem Kind neu anfangen zu diskutieren!“

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