Mutig gegen Rechts
Stellung beziehen gegen Rechtspopulismus – aber wie?
privatMit ihren T-Shirts bekennen Schülerinnen und Schüler in Büdingen Farbe19.04.2018 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Matthias Blöser / privatDie Mitglieder der Schul-AG "Augen auf - Rassismus schläft nicht!" am Büdinger Wolfgang-Ernst-Gymnasium setzen auf Gespräche und ToleranzParolen gegen Flüchtlinge, schwarz-weiß-rote Flaggen und nationalsozialistische Symbole: Ungefähr 150 Menschen liefen am 30. Januar 2016 so durch die Büdinger Altstadt. Anlass war, dass an diesem Tag im Jahr 1933 die NSDAP mit Adolf Hitler die Macht in Deutschland übernahm. Ungefähr 1000 Gegendemonstranten zeigten ihren Mut und ihr Gesicht für ein weltoffenes Büdingen. Und diese Zivilcourage will Matthias Blöser unterstützen. Er ist Referent im Bereich „Demokratie stärken“ im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN.
Die EKHN gegen Rechts
Organisiert wurde die Initiative gegen die Demonstration der Rechten von einem Bündnis, dem die evangelische Gemeinde in Büdingen beigetreten war. Das Bündnis hat sich bis heute zu einem Verein entwickelt. In Büdingen ist Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ein Problem, denn die NPD ist dort zweistellig im Stadtparlament vertreten. „Büdingen hat eine schöne Altstadt, da kann man als NPD leicht Heimatgefühle mobilisieren und sagen: Das ist genau das christliche Abendland, für das wir stehen“, erzählt Matthias Blöser, der evangelische Experte in Sachen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Matthias Blöser leitet seit einem halben Jahr das Projekt „Demokratie stärken“ auf dem Gebiet der EKHN. Das Projekt ist auf sechs Jahre ausgelegt. Er erklärt, was ihm dabei wichtig ist: „Es geht darum, zu zeigen, welche Stärken vielleicht auch schon existieren, auf die man sich besinnen kann.“ Aber er plant auch Neues: Um zu lernen, wie man einen demokratischen Diskurs führt, organisiert er Workshops und Vorträge.
Schul-AGs, Beratung und Tipps für Diskussionen
Das Büdinger Land sei für das Projekt „Demokratie stärken“ ein wichtiger Ort, sagt Blöser. Die Gesellschaft dort engagiere sich immer stärker gegen den Einfluss von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Zum Beispiel gebe es mittlerweile Schul-AGs, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Außerdem bieten Gemeinden Beratungsmöglichkeiten an, die das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortungen unterstütze. Auch ein Vortrag, der im Januar 2018 stattfand, wurde sehr gut angenommen. „Dabei ging es darum, wie man mit menschenverachtender Hetze umgeht, im Anschluss gab es eine Diskussion“, erzählt Matthias Blöser. Dieses Thema ist besonders wichtig für Blöser: „In den vergangenen Jahren ist der demokratische Diskurs sehr nach rechts gerückt. Da hört man dann Sätze wie: `Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!´ Oft verschwimmt die Forderung nach Meinungsfreiheit mit der Forderung, dass die geäußerte Meinung nicht kritisiert werden darf.“
Was tun, wenn der andere auf seiner Meinung beharrt?
Doch Kritik sei vor allem im demokratischen Diskurs wichtig. Er nennt die Herausforderung: „Rechtsextremisten und auch Rechtspopulisten geht es meistens nicht um einen fairen Austausch. Sie wollen die Diskussion dominieren und gewinnen.“ Das sei jedoch keine gute Voraussetzung für ein Gespräch. Matthias Blöser legt Wert darauf, dass der Dialog fair und auf Augenhöhe stattfindet. Wenn man auf einen Menschen mit gefestigtem rechten Weltbild treffe, der nicht mit sich diskutieren lasse, dann sollte man dennoch nicht schweigen. Er erklärt: „Das wird dann oft als stumme Zustimmung interpretiert. Diese Leute wollen aber auch gar keine Demokratie, sondern ganz woanders hin.“ Man sollte sich deshalb klar von menschenfeindlichen Aussagen abgrenzen.
Zwischen dem Menschen und seinen Aussagen unterscheiden
Mit vielen Menschen könne man aber durchaus reden, so Blöser. Problematische Aussagen sollten klar benannt werden: „Ich sollte es mir in einer Diskussion nicht nehmen lassen, wenn beispielsweise jemand etwas islamfeindliches sagt oder den Holocaust relativiert, das zu benennen und klar zu sagen: Da ist für mich eine Grenze überschritten!“ sagt Blöser. Im Gespräch sei darauf zu achten, den Menschen von seiner Aussage zu trennen. Er erläutert: „Also: Nicht den Menschen verurteilen und gleich als `Nazi´ bezeichnen. Denn wir möchten mit ihm im Gespräch bleiben. Stattdessen sollte man sich direkt auf die konkreten Aussagen beziehen und diese mit Argumenten kritisieren.“ Es sei wichtig, klar und fair seine Meinung zu sagen. Aber es sei damit zu rechnen, dafür kritisiert zu werden. Wenn man an die Vernunft appelliere und die richtigen Fragen stelle, könne eine solche Diskussion durchaus erfolgreich sein. Fragen, die Blöser nennt, sind zum Beispiel: „Wer sind denn überhaupt `Die Flüchtlinge´? Wer zählt alles dazu?“
Nächstenliebe und Klarheit als Motto
Mit seinem Programm „Demokratie stärken“ ist Matthias Blöser nicht nur im Büdinger Land unterwegs, sondern im gesamten Gebiet der EKHN und unterstützt viele verschiedene Projekte. Im Büdinger Land werden jedoch einige Projekte modellartig umgesetzt. In Zukunft könnte es beispielsweise Kirchen-Kino-Veranstaltungen geben. „Wir wollen die Leute zusammenbringen und den Diskurs anregen“, sagt Blöser. Sein persönliches Motto lautet: „Nächstenliebe leben. Klarheit zeigen.“ Der Referent erklärt: „Das ist am Evangelium orientiert, man sollte seine Haltung mit Klarheit zeigen und fair bleiben.“
Veranstaltungs-Tipps:
[Jonas Herdegen]
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