Synode

EKHN: Solidarität mit jüdischen Menschen

© Esther Stosch / fundus.ekhn.deDavidstern als Steinrelief im QuerformatDavidstern

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat sich auf ihrer Herbsttagung in Frankfurt am Main deutlich gegen den zunehmenden Antisemitismus und die Bedrohung von Jüdinnen und Juden in Deutschland nach den Terrorattacken der Hamas auf Israel gestellt.

In einer gemeinsam von Kirchensynode und Kirchenleitung getragenen Erklärung bekräftigt die hessen-nassauische Kirche die uneingeschränkte Solidarität gegenüber jüdischen Gemeinschaften und Institutionen. In dem Text heißt es unter anderem: „Wir nehmen es nicht hin, dass Jüdinnen und Juden sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlen können. Wir stehen als evangelische Kirche unmissverständlich an ihrer Seite und bekräftigen unsere Verbundenheit mit den jüdischen Gemeinden und Institutionen. Wir bitten unsere Gemeinden und Mitglieder, sich daran erkennbar zu beteiligen und ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen.“
Aufruf zum Dialog der Religionen

Die Erklärung ruft auch zum Dialog zwischen den Glaubensgemeinschaften und zum Gebet für die von Terror Betroffenen auf. Außerdem unterstreicht sie das Bekenntnis der evangelischen Kirche zur „bleibenden Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen“, wie es im Grundartikel der EKHN heißt. Sie bekräftigt das Existenzrecht Israels und setzt sich für das Selbstbestimmungsrecht der palästinensischen Menschen ein. Die EKHN strebe zudem nach einem gerechten Frieden und nach Gerechtigkeit und Würde für alle Menschen im „Heiligen Land“, so das Papier weiter. Seit langem ist die EKHN im christlich-jüdischen sowie im christlich-muslimischen Dialog auch in Israel engagiert.

Zunehmender Feindlichkeit entgegentreten

Vor der Verabschiedung der Erklärung ging der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung auf ein Treffen mit Vertretern Jüdischer Gemeinden nach den Terrorattacken der Hamas auf Israel ein. „Während wir sprachen, gingen auf dem Smartphone von einem unserer Gesprächspartner Textnachrichten ein, dass ein entfernter Verwandter bei den Angriffen der Hamas ermordet und ein anderer vermutlich als Geisel genommen sei“, so Jung. Bei dem Treffen sei zudem von großen Ängsten jüdischer Gemeindemitglieder gesprochen worden, ihre Kinder angesichts des offen zu Tage Tretenden Antisemitismus hierzulande in die Schule zu schicken. Es sei deshalb „gut und wichtig, wenn wir uns mit unseren jüdischen Geschwistern hier in Deutschland solidarisch erklären“.
Erinnerung an Grundartikel der EKHN

Nach Worten der Präses Kirchensynode, Birgit Pfeiffer, sehe sich die hessen-nassauische Kirche fast 32 Jahre nach dem Schuldbekenntnis in der Erweiterung ihres Grundartikels und angesichts steigender antisemitischer Straftaten in der Verantwortung zum Schutz jüdischer Menschen in Deutschland. Die evangelische Kirche setze sich „gegen jeglichen Antisemitismus und Antijudaismus ein“. Sie unterstützt nach Pfeiffer zudem „alle Bemühungen für ein Ende der Gewalt im Nahen Osten und einen gerechten Frieden, der das Existenzrecht Israels schützt“.

Wachsam bei Rassismus bleiben


Der stellvertretende Präses der Synode, Wolfgang Prawitz, erläuterte, dass die Solidarität für jüdische Menschen in Deutschland und das Eintreten gegen jeden Antisemitismus nicht bedeute, auch „blind für antimuslimischen Rassismus“ zu sein. Die hessen-nassauische Kirche sei zugleich „dankbar für den wachsenden Dialog zwischen jüdischen, muslimischen und christlichen Gemeinden in Deutschland.“ Prawitz ergänzte, dass unter anderem Material für Kirchengemeinden und Interessierte zum Thema der Resolution in Vorbereitung sei. 

 

DIE ERKLÄRUNG IM WORTLAUT:

Erklärung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, November 2023

Die Mitglieder der 13. Kirchensynode der EKHN und der Kirchenleitung sind bestürzt über die schrecklichen Terrorangriffe der Hamas am 7. Oktober. Mit kaum vorstellbarer Grausamkeit wurden in Israel Zivilistinnen und Zivilisten jeden Alters und verschiedenster Nationalitäten heimtückisch ermordet, verletzt und als Geiseln genommen. Es war der grausamste Angriff auf Jüdinnen und Juden nach der Shoa.

Mit Erschrecken nehmen wir wahr, dass infolge der Gewalteskalation nach dem Terrorüberfall der Hamas die Zahl der Beleidigungen und Bedrohungen jüdischer Menschen in Deutschland dramatisch zugenommen hat, auf der Straße, in Schulklassen, im Internet bis hin zu Hasszeichen an Häusern, der öffentlichen Infragestellung des Existenzrechts Israels sowie einem versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin-Mitte. Antisemitismus ist in Teilen von Kirche und Gesellschaft ungebrochen vorhanden. Dem Schüren von Hass gegenüber Jüdinnen und Juden darf kein Raum gegeben werden.

Wir nehmen es nicht hin, dass Jüdinnen und Juden sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlen können. Wir stehen als Evangelische Kirche unmissverständlich an ihrer Seite und bekräftigen unsere Verbundenheit mit den jüdischen Gemeinden und Institutionen. Wir bitten unsere Gemeinden und Mitglieder, sich daran erkennbar zu beteiligen und ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen.

Wir verurteilen alle Arten von Übergriffen, Anschlägen, Beleidigungen und Anfeindungen sowie jegliche Formen von Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit. Beides wird verstärkt in unserer Gesellschaft sichtbar. Wir unterstützen die Verantwortlichen in den Städten, Kommunen und bei der Polizei darin, solche Aktionen und Übergriffe zu unterbinden und strafrechtlich zu ahnden.

Gotteshäuser sind Orte des Gebets und der Hinwendung zu Gott. Sie zu schützen ist staatliche Aufgabe (GG Art. 4.2). Die Verantwortung der Religionsgemeinschaften sehen wir darin, jeglicher Instrumentalisierung von Religion zu widersprechen, die Hass und Menschenverachtung propagiert. Wir stellen uns grundsätzlich gegen eine Täter-Opfer-Umkehr.

In Deutschland und in unserer Kirche haben Dialog und Trialog mit Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens und auch zwischen ihnen eine gute Tradition, die ihren Ausdruck unter anderem in abrahamischen Foren findet und zur Sicherung des inneren Friedens in der Gesellschaft beitragen. Diesen inneren Frieden sehen wir durch die Ereignisse im Nahen Osten auch bei uns stark gefährdet.

Wir ermutigen daher Gemeinden, Dekanate, Einrichtungen und Werke, ihre Räume zu öffnen und Gelegenheiten für Dialoge zu schaffen, in denen die jeweils eigenen Betroffenheiten und Sichtweisen aus jüdischer, christlicher und muslimischer Perspektive gehört und wahrgenommen werden und ein respektvoller Umgang eingeübt werden kann.

Wir rufen auf zu Gebeten für die Menschen, die unter dem Terror leiden; für die Opfer in der Zivilbevölkerung unter Israelis und Palästinenser*innen; für Menschen jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubens. Wir bitten, dass alles Menschenmögliche getan wird, um die entführten Geiseln zu befreien und ein Ende der Gewalt zu befördern. Wir lassen uns nicht entmutigen für einen gerechten Frieden im Nahen Osten zu beten.

Wir lassen uns leiten von dem Bekenntnis zur Treue Gottes gegenüber Jüdinnen und Juden wie es im Grundartikel der EKHN festgehalten ist. Dies schließt jegliche Formen von Antijudaismus und Antisemitismus aus. Das Existenzrecht Israels steht für uns außer Frage. Wir haben uns wiederholt dafür und für ein Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser*innen eingesetzt. Dafür stehen wir auch weiter ein. Die Vision des gerechten Friedens gehört zum Kernbestand christlicher Verkündigung. Gerechter Frieden schützt Menschen vor Gewalt, baut Not ab, fördert die Freiheit und gewährt kulturelle Vielfalt. Das wollen wir erneut bekräftigen und unterstützen jegliche Initiativen, die ein Leben im Frieden, in Gerechtigkeit und mit Würde für alle Menschen im Heiligen Land zum Ziel haben.

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